28. Februar 2025 / Aus aller Welt

«Verachtenswerte Taten»: Soldat muss lebenslang in Haft

Er tötete ein dreijähriges Mädchen, zwei Frauen und einen Mann aus dem Umfeld seiner damaligen Ehefrau. Nun ist der 33-Jährige verurteilt worden. Sein Beruf spielte bei den Taten eine Rolle.

Nach der Mordserie mit vier Toten im niedersächsischen Landkreis Rotenburg (Wümme) ist der angeklagte Bundeswehrsoldat zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Bei der Urteilsverkündung steht der Angeklagte kerzengerade, mit verschränkten Armen auf dem Rücken - ähnlich, wie Soldaten es bei der Bundeswehr lernen. Der 33-jährige Fallschirmjäger verzieht keine Miene, als der Vorsitzenden Richter am Landgericht Verden das Strafmaß bekanntgibt: lebenslange Haft mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren nahezu ausgeschlossen. 

Der Angeklagte muss wegen heimtückischen Mordes in drei Fällen und einer fahrlässigen Tötung ins Gefängnis. «Die Taten sind nach sittlicher Anschauung verachtenswert», sagte der Vorsitzende Richter Volker Stronczyk. Er habe in Jahrzehnten als Richter nie einen solchen Fall gehabt, bei dem «innerhalb von einer halben Stunden drei Menschen erschossen wurden». Tatsächlich waren es sogar vier. 

Drei Erwachsene und ein Kind getötet

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Deutsche in einer Nacht im März 2024 drei Erwachsene in deren Einfamilienhäusern in Scheeßel und Bothel im Landkreis Rotenburg (Wümme) durch Gewehrschüsse ermordet und ein Kind fahrlässig getötet hat. Die Opfer waren der 30-jährige neue Partner seiner damaligen Ehefrau und dessen Mutter (55), die 33 Jahre alte beste Freundin seiner Frau und deren dreijährige Tochter. 

Das Mädchen lag in den Armen seiner Mutter und war von einer Decke verdeckt. Die Mutter hatte das Kind nach den Worten von Stronczyk beschützen wollen. Der Angeklagte tötete das Kind nach eigenen Angaben nicht mit Absicht, er habe es nicht gesehen. Das Gericht glaubte ihm. 

Überhaupt habe der Angeklagte «schonungslos offen» von seinen Taten und seinen Motiven gesprochen. «Er hat nichts beschönigt und nichts versteckt», betonte Stronczyk. Die Ehefrau habe sich von dem Angeklagten getrennt, sie habe ihn auch aus dem Haus werfen wollen. Die beste Freundin seiner Frau habe sie bei ihrem «Rosenkrieg» unterstützt, der Angeklagte habe sie daher als Bedrohung für seine Ehe wahrgenommen. 

Angeklagter fürchtete um seine berufliche Existenz

Der Plan für die Tötungsdelikte kam ins Rollen, als der neue Partner seiner Frau Anzeige erstattete, weil er sich von dem Ehemann bedroht fühlte. Der Angeklagte hatte ihn zuvor seines Hauses verwiesen. Nach der Anzeige habe der 33-Jährige Angst gehabt, seine berufliche Existenz und das Sorgerecht für seinen Sohn zu verlieren. «Der Angeklagte hatte das Gefühl, man wolle ihn vernichten», sagte der Vorsitzende Richter. Deshalb habe er einen sogenannten «Mitnahmesuizid» geplant. Dass er sich doch nicht selbst tötete, habe daran gelegen, dass ein Freund ihn nach den Taten telefonisch davon abgebracht habe. 

Im Vorfeld der Taten habe der Angeklagte diese akribisch geplant. Unter anderem habe er sich eine Axt gekauft, mit denen er sich Zugang zu den Häusern verschaffte. Für sein Gewehr habe er mehrere hundert Patronen besorgt sowie eine Taschenlampe, die er auf der Waffe befestigte, «damit er seine Ziele besser sehen konnte», so Stronczyk. 

Im «Kampfanzug» sei er schließlich vorgegangen wie bei einem Häuserkampf, so wie er es bei der Bundeswehr gelernt habe. «Rein, suchen, vernichten, fertig.» Mit diesen Worten hatte der Soldat vor Gericht selbst seine Vorgehensweise beschrieben. «Ich habe mich gefühlt, als wäre ich im Einsatz», hatte der Fallschirmjäger ausgesagt. Nach den Worten des Richters schoss er ohne zu zögern mehrfach auf seine Opfer.

Bei den Taten habe abgrundtiefer Hass eine Rolle gespielt, hatte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer gesagt. Seine schwangere Frau habe er verschont, weil sie die Mutter seiner Sohnes und seines ungeborenen Kindes sei, hatte der Angeklagte gesagt.

Nach der Tat stellte sich der Soldat

Wenige Stunden nach der Tat stellte sich der Soldat vor einer Kaserne in Rotenburg (Wümme). Ein Polizist sagte vor Gericht aus, dass ihm der Mann wie ein «eiskalter Killer» vorgekommen sei. Auch vor Gericht zeigte der Angeklagte keine Emotionen, bei den Hinterbliebenen entschuldigte er sich bis zuletzt nicht. Nach zwei Auslandseinsätzen bei der Bundeswehr sei der Angeklagte abgestumpft, sagte der Vorsitzende Richter. 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. So wie Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatte zwar auch die Verteidigung in ihrem Plädoyer lebenslange Haft wegen Mordes gefordert. Die Verteidigung wollte jedoch nicht, dass das Gericht die besondere Schwere der Schuld feststellt. Sie kündigte an, Revision einzulegen.


Bildnachweis: © Sina Schuldt/dpa
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